Pressemitteilung Treffen mit Karsten Becker (MdL)
Die Bürgerinitiative pro alte B65 hat sich am 15.07.2021 mit Karsten Becker (SPD, MdL) getroffen, um über das deutschlandweite Bündnis Verkehrsinitiativen und das Thema Ortsumgehung Nienstädt zu sprechen.
Die Vertreter der BIPAB65 Hinrich Gottschalk, Ernst Wilkening, Joachim Quandt und Kristin Kolbe-Schade waren außerordentlich erfreut und dankbar, dass Herr Becker als sehr beschäftigter Landespolitiker und SPD Mitglied sich so viel Zeit für eine ausführliche Diskussion genommen hat.
Die Hauptthemen waren die Forderung des Bündnisses Verkehrsinitiativen nach einem sofortigen Stopp von Straßenneu- und -ausbau aufgrund des Urteils und neuer Gesetzgebung zum Klimaschutz, damit der Bundesverkehrswegeplan 2030 in dieser Hinsicht neu überprüft werden kann.
Herr Becker hält den Klimaschutz für essentiell, ausdrücklich nicht nur unter dem Eindruck der Überschwemmungen, die am Tag des Termins überall in den Medien präsent waren. Allerdings erwähnte er, dass der Landtag keine gesetzgeberischen Kompetenzen für den Ausbau der Bundesfernstraßen habe. Nichtsdestotrotz sagte er der BIPAB65 seine Unterstützung bei der Beschaffung von Informationen – insbesondere dem weiteren Planungsprozess durch die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr – zu.
Die Umgehungsstraße Nienstädt ist ein Beispiel für ein vor langer Zeit geplantes Projekt, was nun viel später umgesetzt werden soll. Die Planung soll voraussichtlich in 2022 beginnen laut der Straßenbehörde Hameln, die Datenbasis aus dem Bundesverkehrswegeplan ist aber aus 2005, also bereits 16 Jahre alt.
Dieses Thema nahm viel Raum in dieser Diskussion ein.
Auch Herr Becker findet es unglücklich, wenn Projekte vor langer Zeit beschlossen werden, und die Umsetzung sich dann so lange hinzieht wie in diesem Fall. Ihm liegt als Politiker immer ein Interessenausgleich am Herzen, denn auch in Nienstädt gibt es nach seiner Sicht eine bipolare Situation, wo es Befürworter und Gegner der geplanten Straße gibt, wobei er selbstverständlich beiden Seiten zuhört und auch die aus der jeweiligen Betroffenheitsperspektive vorgetragenen Argumente nachvollziehen kann.
Die Sprecherin der BIPAB65, Kristin Kolbe-Schade, trug alle Argumente wie Reduzierung von Verkehrsmengen, Unfallzahlen und Lärm vor, aber auch die negativen Folgen für Natur, Tiere, Landwirtschaft und Lebensqualität der Bürger. Auch die zum Teil nicht verständliche Berechnung des Projektes im Bundesverkehrswegeplan sowie die fehlende Transparenz und Gesprächsbereitschaft einiger Lokalpolitiker wurde von der BIPAB65 kritisiert.
Herr Becker konnte viele der Argumente gut verstehen und stimmte bei einigen zu, wies aber darauf hin, dass das Projekt eine hohe Priorität hat und mit dem Bundesverkehrswegeplan gesetzlich verankert ist. Als örtlichem Landtagsabgeordneten seien für ihn die demokratisch zustande gekommenen Beschlüsse auf Kommunal- und Bundesebene handlungsleitend. Auf die Kommunalwahl im September angesprochen, antwortete Becker, dass sich die Nienstädter SPD vor dem Hintergrund der hohen Belastung
des Ortes seit Jahrzehnten für eine Umgehungslösung einsetze und hier auch deutlich erkennbar Kurs halte. Ihm sei eine „Politik mit klarer Kante“ jedenfalls lieber als ein Herumlavieren, wenn der Wind auch mal von vorn komme.
Zum Beginn der Planung müssen alle Daten neu erhoben werden, so dass die aktualisierte Berechnung dann ergeben wird, ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis so hoch bleibt. Becker hob in diesem Zusammenhang das nach seiner Ansicht ausgeprägte Bemühen um Transparenz und die Kooperationsbereitschaft der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Hameln hervor, die sich nach seiner Erfahrung immer bemühe, alle Beteiligten im Prozess mitzunehmen.
Karsten Becker ist auch auf die Argumente der SPD Nienstädt für den Bau eingegangen, was die politische Haltung der Gemeinde Nienstädt für die Vertreter der BIPAB65 verständlicher machte. Vor allem wies er als Vorteil aus, dass eine Ortsentwicklung möglich gemacht würde, wenn die Umgehungsstraße steht und der neue Straßenbaulastträger – voraussichtlich der Landkreis oder die Gemeinde – dann die 4 Spuren auf 2 Spuren zurückbauen könnte, um somit großzügige Verkehrs- und Aufenthaltsflächen für
Fahrradfahrer- und Fußgängergestalten zu können. Damit könne auch die aus seiner Sicht ausgesprochen unerfreuliche Trennwirkung der B65 und die subjektiv empfundenen
Verkehrsgefahren für die Bürgerinnen und Bürger verringert werden.
Ob der Rückbau vom Landkreis oder der Gemeinde, die für die Straße zukünftig verantwortlich sein werden, oder aus Fördermitteln realistisch zu finanzieren ist, hänge
nach Beckers Darstellung von den politischen Prioritäten in den jeweiligen Räten ab. Insofern wolle er das nicht beurteilen.
Die BIPAB65 stellte klar, dass sie aufgrund der aktuellen finanziellen Situation der Gemeinde Nienstädt und der sehr hohen Kosten für den Rückbau nicht an die Finanzierbarkeit glaubt und daher auch nicht daran, dass überhaupt in irgendeiner Form die B65 verändert wird, so dass nachher als Folge eine Mehrbelastung aller Bürger entstehen wird, da es eine 4 spurige Straße und zusätzlich eine 3spurige Straße geben wird, was zu mehr Verkehr insgesamt führt. Dies ist auch im Bundesverkehrswegeplan so prognostiziert (+9000 Kfz/Lkw) und sogar als Nutzen eingerechnet.
Herr Becker äußerte auch, dass natürlich Verkehr im Ort bleiben wird, da es Anbindungen an Obernkirchen, Meinefeld, Wendthagen etc. gibt. Wie viel Entlastung entstehen könnte, wird die neue Erhebung der Straßenbehörde ergeben. Man merkte, dass Herrn Becker die Lebensqualität der Bürger sehr wichtig ist, sowohl der momentan Betroffenen im Ort als aber auch die nach Bau neu belasteten Bürger in mehreren Gemeinden. Hier forderte er, dass diese selbstverständlich die gleichen Lärmschutzmaßnahmen erhalten müssten wie die Anwohner der alten B65 sie bereits bekommen haben.
Kristin Kolbe-Schade bedankte sich im Fazit sehr herzlich bei Herrn Becker für seine Gesprächsbereitschaft. Sie betonte: „Wir werden weiter versuchen, die Bürger hier transparent zu informieren und möchten gerade vor der kommenden Wahl im September noch Gespräche mit der SPD Nienstädt und anderen Parteien führen, damit jeder weiß, wo die Parteien beim Thema Umgehungsstraße stehen. Wir sind immer dialogbereit und freuen uns auf jeden konstruktiven Austausch wie heute.“
Herr Becker sagte über den Termin mit der BIPAB65:
„Wir haben uns in einer ausgesprochen freundlichen und konstruktiven Atmosphäre über die Anliegen und Sichtweisen der BIPAB65 austauschen können. Für mich sind die vorgetragenen Befürchtungen über neue Belastungen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger absolut nachvollziehbar. In dem zukünftigen Planungsdialog wird es wesentlich darauf ankommen, Lösungen zu finden, um neue Belastungen möglichst gering zu halten und so zu einem für alle Bürgerinnen und Bürger verträglichen Ausgleich der Interessen in einem von hoher Verkehrsbelastung betroffenen Ort zu kommen.“